Gestern Abend wurden vom Standard und vom deutschen Spiegel neue Vorwürfe gegen die grüne EU-Spitzenkandidatin Lena Schilling publiziert. Unter anderem geht es dabei um erst vor wenigen Monaten von ihr getätigte (und durch den Medien vorliegende Chats belegte) Aussagen, sie würde die Grünen „hassen“. Außerdem belegen die Chats, dass sie über einen Fraktionswechsel nach der Wahl in die europäische Links-Fraktion nachdachte. Insgesamt zeichnen diese Chats kein gutes Bild von Schilling und verstärken den Eindruck, dass sich die Grünen wenig Gedanken darüber gemacht haben, wen sie als ihre Spitzenkandidatin engagieren.

von Christian Klosz

Die neuen Vorwürfe ließen in Sozialen Medien die Wogen hochgehen, Parteimitglieder attackierten öffentlich auch den Standard und recherchierende Journalisten. Offenbar kam es auch zu persönlichen Anwürfen, wie man auf Twitter/X lesen konnte. Die Partei sah sich zu einer weiteren Krisenpressekonferenz gezwungen, die heute gegen 11:00 stattfand. Und die Zuschauer mehr als ratlos zurückließ.

Die grüne Generalsekretärin Olga Voglauer (Titelbild) ritt darin wilde Angriffe gegen „die Medien“, SPÖ und KPÖ und sprach sogar von „Silberstein-Methoden“, ein zumindest unter Antisemitismus-Verdacht stehendes „Argument“, das Sebastian Kurz seinerzeit, aber auch die FPÖ wiederholt vorbrachten. Zeitweise klangen die Aussagen von Voglauer bei dem verstörende Auftritt wie Verschwörungstheorien, etwa als sie einen scheinbaren Konnex zwischen Sebastian Bohrn-Mena und dem EU-Spitzenkandidaten der SPÖ, Andreas Schieder, konstruierte: Bohrn-Mena sei früher SPÖ-Mitglied gewesen und stamme aus Penzing – ebenso wie Schieder. Sie insinuierte damit eine Verbindung zwischen den Vorwürfen gegen Schilling, die sie immer wieder als „Gerüchte“ abtat, und der SPÖ bzw. Schieder. Lena Schilling selbst, die neben Voglauer bei der PK anwesend war, musste später ausrücken, um die Aussagen ihrer Generalsekretärin zurückzuweisen. Voglauer sprach auch wiederholt davon, wem denn diese Veröffentlichungen nützen würden, laut ihr der SPÖ und KPÖ, und sprach von einer „Kampagne“, die es nur gäbe, um den Grünen zu schaden. Selbst Donald Trump hätte das nicht besser hinbekommen.

Im Gegensatz zu Voglauer wirkte Lena Schilling selbst halbwegs gefasst und schlug sich zumindest rhetorisch passabel. Sie hielt sich teilweise an ein vorgegebenes, eingeübtes Skript. Trotzdem gab es kein Eingeständnis, Fragen wich sie aus, die kolportierten Chats relativierte sie. Schließlich gab sie an, nun doch den Grünen beitreten zu wollen, um zu beweisen, dass sie die der Partei, für die sich kandidiert, doch nicht hasst.

Insgesamt lässt sich diese Pressekonferenz nicht anders denn als Totalkatstrophe für die österreichischen Grünen bezeichnen: Man wollte wegschauen, aber konnte nicht. Die Grünen bunkern sich immer mehr ein, nehmen Kritik von außen (oder innen) nicht mehr wahr, tun sie ab und diskreditieren sie und ihre Urheber und sehen in ihr Angriffe gegen „grüne Politik“. Selbstkritik gibt es nicht, es herrscht offenbar die Mentalität „Alle gegen uns“ und „Jetzt erst recht“. Ob das aufgehen wird ist mehr als fraglich, bereits jetzt haben die Grünen in Umfragen massiv eingebüßt. Daran wird auch dieser skurrile Auftritt heute nichts ändern, eher im Gegenteil.

Titelbild: Screenshot Twitter/X / Puls24

Hinterlasse einen Kommentar

Angesagt